THE WALL von PINK FLOYD as CARP PRODUCTION
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- Vorgeschichte 1979 erschien
das Konzeptalbum The Wall von Pink Floyd, einer wegweisenden Rockgruppe,
die neben Tangerine Dream, Santana, Jethro Tull u.a. besonders den Sound
der 70er Jahre geprägt hat. Die Stilmittel bestanden v.a. in einem
Mischen elektronisch erzeugter Klänge zu einer psychedelischen Soundtextur.
Hier setzte auch die Stimme der Kritiker von The Wall an, denn die Entwicklung
des spezifischen Pink Floyd Sounds zeigte keine Weiterentwicklung, vielmehr
muss man wohl die inhaltliche Entwicklung zu einem Konzept der Darstellung
innerpsychischer Zustände als Entwicklungsschritt betrachten. |
- Das CARP Projekt Seit April 2008 zog
die erste virtuelle Variante als digitale Show im Grid von Second Life
über 1200 Besucher in ihren Bann. Wegen des Zuspruchs im Juli neu
aufgelegt, wird die Show zweimal die Woche, am Freitag und Sonntagabend
jeweils um 2 Uhr PST noch eine Weile aufgeführt. Bild 1: Debbie Trilling Creative Director der CARP-Produktion |
1. Debbie, vielen Dank dafür, dass Du Dir Zeit nimmst für das Interview; ich weiß, dass Du eine sehr beschäftigte Person in SL bist. Aber ich denke auch, dass es für Besucher Eurer Show eine zusätzliche Erfahrungsebene sein kann, über den Entstehungsprozess und den Hintergrund dieses Projektes mehr zu hören. Nach meinen Informationen bist Du als Creative Director verantwortlich für das Gesamtkonzept und mich würde interessieren, woher Du Deine Ideen genommen hast, inwieweit die vorhergehenden Inszenierungen von The Wall eine Rolle gespielt haben und was Du zusammen mit dem Team diesen historischen Vorbildern neu hinzugefügt hast. Debbie Trilling:
In der Inszenierung von The Wall bei Pink Floyd kommen etliche
ironische Bilder zum Einsatz, vor allem die Riesenpuppen, die gekreuzten
Hämmer und natürlich die Mauer selbst. Diese haben wir in unsere
Produktion übernommen. Aber es war uns sehr wichtig, nicht nur eine
Kopie zu schaffen, sondern eine individuelle und künstlerische Vision
und Interpretation. Insofern haben wir viele neue Elemente hinzugefügt.
Auch den Soundtrack haben wir neu zusammengestellt, manchmal sehr subtil
und kaum wahrnehmbar, manchmal sehr offensichtlich. Ein ausgesprochener
Pink Floyd-Fan wird manches wiedererkennen in unserer Show, aber auch
ganz neue Dinge wahrnehmen. Wir haben uns generell sehr bewusst mit dem
Geist und der Essenz des Originals auseinandergesetzt. Bild 2: Aktuelle politische Bezüge der CARP-Produktion |
2. Die Vision ist eine Sache, eine andere jedoch ist die Realisation. Wie sehr warst Du beteiligt an der Umsetzung der Ideen in textuelle, kinetische, visuelle, sonische und performative Ausdrucksformen? Und wie hast Du die Leute gefunden, die fähig waren, die Ideen in mediale Aktionen zu übersetzen? Debbie Trilling: Die Wahl des Teams war vermutlich der wichtigste Faktor für den Erfolg unserer Produktion. Außer mir besteht das Kernteam aus folgenden Personen: - Velazquez Bonetto
(Germany); auf ihn fiel die Wahl automatisch; er hat außergewöhnliche
problemlösungsorientierte, technische und künstlerische Talente
und kann großzügig mit seiner Zeit und seinen vielfältigen
Begabungen umgehen, was man selten findet. Er hilft sehr, damit eine künstlerische
Idee sich realisiert. Velazquez, Josina, Caravaggio und Junivers sind Mitglieder des Cybernetic Art Research Project (CARP) und wir haben uns alle dort kennengelernt. Aber auch weitere Personen leisten wichtige Beiträge, z.B. Adec Alexandria (UK), die die Photos für die anfängliche Photoshow zusammenstellte, Scio Kamanchi (US), der für die Hubschrauberszene während des Songs "Happiest Days of Our Lives" und für die Militäruniformen während des Songs "Run like Hell" verantwortlich zeichnet, Gypsy Paz (US) und Lyddyn Tzara (US), die das Glas in der Bettszene ("One of my Turns") zerbrechen und Klute Coppola (France) und Southern Riptide (US), die tänzerische Effekte und Freude in die Show bringen.
Debbie Trilling: Ganz ganz viele Treffen und Trainings waren nötig, um die zahllosen Elemente der Show zusammenzubringen. Wir üben immer noch regelmäßig, vier Monate nach der allerersten Aufführung. Für die Koordination bin ich im wesentlichen zuständig. Ich wusste, was ich mit für eine bestimmte Szene vorstellte und wer im Team das am besten ausführen kann. Ich beschrieb meine Idee skizzenartig und ließ dann das Teammitglied seine eigene Variante entwickeln. Alle Mitwirkenden sind erfahrene RL-Künstler und SL-Content-Creator; sie alle waren in der Lage aufgrund meiner Andeutungen eine einzigartige individuelle Lösung zu finden. 4. Wenn Du möchtest, kannst Du bitte auch den Lesern eine Vorstellung davon vermitteln, ob hinter diesem Projekt eine RL-Firma steht oder wie das ganze finanziert wird. Debbie Trilling: Unsere Produktion "The Wall" wird von der sich selbst finanzierenden CARP-Gruppe organisiert. Besitzer sind Velazquez Bonetto und Josina Burgess. CARP ist völlig unabhängig von irgendwelchen Einflüssen von außen und finanziert sich nicht aus externen Quellen. Die Produktionskosten werden von den Mitgliedern selbst getragen und alle Erlöse gehen an Hilfsorganisationen. Wir sind sehr dankbar, von NMC Campus eine Sim-Gegend zur Verfügung gestellt zu bekommen für die Aufführungen. 5. Welches waren die
größten technischen und organisatorischen Herausforderungen
im Produktionsprozess? Organisatorisch gab es keine erwähnenswerten Probleme. Als die Rollenverteilung klar war, war es nur eine Sache der Produktion der einzelnen Elemente und dann ihrer Zusammensetzung, schließlich noch die Koordination innerhalb einer Show. Meistens ging es sehr kooperativ zu; natürlich gab es auch die ein oder andere Reibung. Ich behielt mir stets das letzte Wort vor. Es gab z.B. unterschiedliche Meinungen über die Größe und Höhe der Mauer. Ich entschied letzten Endes immer zugunsten des visuellen Eindrucks. Insgesamt jedoch herrschte ein großer Teamgeist und jeder arbeitete daran sein Vision und die der anderen Wirklichkeit werden zu lassen. Es ist eine schwierige Aufgabe, wenn man manchmal jemandem, der hart gearbeitet hat, eine Sache zurückgeben muss, um sie zu ändern oder umzuarbeiten; das machte mir manchmal Probleme; aber es muss natürlich sein, damit am Schluss alles zusammenpasst. Die Leute sind alle eigenständige und auch eigenwillige Künstlernaturen und so kamen natürlich auch manchmal hitzige Diskussionen auf. Hier war Josina stets eine sehr diplomatische und beruhigende Vermittlerin. Letztendlich kamen stets alle zu einer gemeinsamen Abstimmung. Eines der größten Probleme von seiten der Zuhörer sind die Facelights. Sie müssen unter allen Umständen ausgeschaltet werden, da sie sonst unsere Lichtkomposition auf der Bühne zerstören. Man sieht dann nur grau. Wir geben jeweils vor Beginn der Show eine entsprechende Ansage aus. Das ist ein Inworld-Problem, denn SL stellt nur 6 Lichtquellen (außer Sonne und Mond) zur Verfügung und diese werden vom Klienten nur innerhalb seiner nächsten Nähe gerendert. Wenn man also neben jemandem im Zuschauerraum sitzt, der eine Lichtquelle hat und die Bühnenlichtquellen damit einschränkt, kann es sein, dass man von der Show nichts sieht. Wenn ich jemanden im Zuschauerraum sehe, der Facelight eingeschaltet hat, dann macht mich das sehr wütend. 6. Was hast Du für einen persönlichen Hintergrund für diese Arbeit? Bist Du Medien-Designerin oder etwas ähnliches? Debbie Trilling: Ich war Computerprogrammiererin bevor ich Software-Designerin und -Testerin wurde. Ich beherrsche etliche verschiedene Programmierungssprachen und habe viel Erfahrung mit allen möglichen Software-Programmen. Ich kann nicht malen oder mit dem Stift kreativ sein in RL, aber ich habe eine Begabung, neue Software sofort zu begreifen und damit in kürzester Zeit auf einem hohen Niveau zu arbeiten. Ich benutze den Computer, um kreativ und expressiv zu sein. Insofern würde ich mich "technischen Künstler" nennen im Gegensatz zum "natürlichen Künstler". Meine Kunst besteht eher aus Algorhythmen und Pixeln, als aus Leinwand und Ölfarbe. SL kam zu mir als ob ich schon immer darauf gewartet hätte. Und ich hatte das Gefühl, das Medium gefunden zu haben, das zu mir passt. Particle-Kunst in SL war mein erstes Kreativ-Erlebnis und damit stelle ich auch immer noch aus: http://slurl.com/secondlife/Gypsy%20Falls/64/40/803/. 7. Gibt es auch Kompetenzen, die Du Dir während des Produktionsprozesses von The Wall neu angeeignet hast? Debbie Trilling: Velazquez und ich erarbeiteten gemeinsam die Kontroller und Kommando-Parser welche die Show am Laufen halten. Wir haben das so automatisiert, dass wir nur auf Start drücken müssen und alles vollautomatisch abläuft. Es gibt sechs solcher Kontroller und einen zusätzlichen von Elfod, der für die sukzessive Stein-auf-Stein-Konstruktion der Mauer zuständig ist und auch für deren Abbau und den finalen Kollaps. Alles wurde in der Linden-Scriptsprache geschrieben und alles zusammen genommen ist natürlich eine Arbeit wie diese mit den ständigen Verbesserungen auch eine gewisse Kompetenzerweiterung. Das ganze ist auf 160 Avis ausgelegt, auch an Tagen, an denen der Sim überfüllt ist. Bild 3: Richter, Lehrer, Mutter und Ehefrau und das restlos ausgebuchte Sim-Theater |
8. Weshalb hast Du speziell das Thema "The Wall" ausgewählt? Ist das eine persönliche Vorliebe oder hat es auch etwas mit dem "Wändebauen" in SL zu tun? Ich denke da auch an die roten Bannlinien, an die man stößt, die für die einen einen gewissen Schutz bedeuten, für die anderen aber ausgrenzend wirken. Debbie Trilling: Es war eher eine spontane Idee und Übereinkunft mit Velazquez, die uns kam, als wir über den Plänen zum Berliner SIM saßen. Wir legten eigentlich sofort mit dem Arbeiten los. Es dauerte eine knappe Woche, bis die Sache zu einer offiziellen CARP Produktion erklärt war und die Basiskonzeption stand, die auch heute noch das Projekt trägt. Ich denke, Velazquez und mich hat dabei vor allem sofort die Möglichkeit gereizt, das ganze als Show umzusetzen mit den entsprechenden Effekten und Scripts und somit dieses Projekt von den raffiniertesten und ausgeklügeltsten Techniken des SL-Scriptings profitieren zu lassen. Ich habe zwei Hauptkriterien
für The Wall: 9. Welche Projekte sind in der Zukunft geplant? Debbie Trilling:
Ich plane im Moment zwei Solo-Projekte unter der Schirmherrschaft von
CARP: Die nächste große Team-Produktion wird sein "The Rings - The Metaverse Protest Musical", wo ich als Special Effekt-Künstlerin mitarbeite. Das ist eine Produktion von Velazquez. 10. Debbie Trilling, wir sind beeindruckt und bedanken uns für die ausführlichen Statements!
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Bild 4: Die CARP-Produktion: Ein Feuerwerk aus Partikeln, Animationen und Sound |
Hier noch einige Links: For press release photographs
or any further information, please IM Debbie Trilling
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The CARP
Wall Team: |